Obwohl es erst gar nicht so aussah, war das Wetter ziemlich gut. Das Wetter?! Und die Filme ?

Hm, es ist doch irgendwie auch wichtig, ob man die ganze Zeit nur Filme guckt, oder ob auch ein schönes Feuer lodert, die Gulaschkanone dampft, das Bier in die Gläser zischt...

Apropos Feuer lodert. Man muss kein Pyromane sein, um begeistert mitzuerleben, wie in der Nacht ein Riesenholzhaufen mit dem Gabelstapler aufs Feuer gestellt wurde. Die Flammenhöhe dieses Traditionsfeuers war bis jetzt einmalig. Der Ton war wieder gut, die Bildqualität war noch besser als im Vorjahr. Vielleicht kann im nächsten Jahr die Leinwand noch ein Stück höher gehangen werden, da der untere Bildbereich von hinten einfach nicht mehr gesehen werden kann.

Diesmal wurde es fast ein "Waldfilmfestival". Die ersten Beiträge spielten ausschließlich im Wald. Aber dann gab es wieder das ganze denkbare Spektrum an Filmbeiträgen. Das Publikum war mit fast allen Beiträgen hochzufrieden. Besondere Beachtung fanden "das Project" mit ihrer Version von Hänsel und Gretel und natürlich "Die Töchter". Bei den "Töchtern" war die Erwartung auch ziemlich hoch, sind die Väter doch das meistgewünschte Filmstudio überhaupt. Die Jury verteilte unter Beifall die Preise an die Studios, die Teilweise mit allen Beteiligten nach vorn gingen, so dass sich die Bühne ordentlich füllte. Für einen Moment wurde es aber doch ruhig: "Komissar Klaus" widmete den Freiberger Preis an Markus Schierz, einen wichtigen Mann im Freiberger Filmteam, der zur Zeit im Krankenhaus im Koma liegt. Auch von uns aus alles Gute !

Die Band hatte leider abgesagt. Trotzdem hatte niemand wirklich etwas vermisst. Am Freitag konnten sogar ein paar Filme aufgeführt werden, die in Wilsdruff sehr lange nicht mehr zu sehen waren. Die frühen TreamDeam-Filme etwa oder "Lausemann" von Eric aus Saarbrücken. Und später, in der Nacht, wurden auch andere Filme als die Klassiker von CVJM gewünscht. Die bieten den Veranstaltern dafür aber immer eine Garantie für einen gut gemachten Abschlussfilm zur Wertung am Sonnabend. So fühlte sich das Studio Wilsburg geehrt, dass vom Veranstalter ausdrücklich gewünscht wurde, den Beitrag als vorletzten Film zu zeigen. Immerhin ist das Studio in allen 18 Jahren dabei gewesen.

Natürlich wäre die Reihenfolge der am Sonnabend gezeigten Filme zu diskutieren. Da aber niemand mehr als seinen eigenen Film kennt, bleibt die Auswahl ein kleines Glücksspiel. Überlegungen, bei der Ankündigung die Filmdauer anzusagen, wurden wieder verworfen.

Diesmal waren die Freiberger, die verschiedene Neuerungen nach Wilsdruff gebracht hatten (Filmplakate, Film-T-Shirts usw.), nicht allein. Es gab noch ein zweites Studio, welches eine Video-CD für einen DVD-Player mitgebracht hatte. Dort wird es wohl bald einen Wechsel der Systeme geben. So drehte sich die Fachsimpelei der Studios um Codecs, Schnittstellen, Videokarten und -schnittprogramme.

Insgesamt dauerte es ziemlich lange, bis die Wertungsfilme gezeigt und die Jury alle Preise verteilt hatte. So kam es, dass die Masse an Leute danach Richtung Feuer oder weiter nach Hause strömte. Nur ein harter Kern von Cineasten und -Innen wünschten sich noch verschiedene Streifen auf die große Leinwand ...

 
 

 

Folgende Beiträge wurden gezeigt:

Die Schnitter: "Waldbewohner"

Im letzten Jahr war der blutrünstige Splatterfilm dieses Studios unter den Eltern sehr umstritten. Als nun diesmal gleich am Anfang ein Mord zu sehen war, mussten schon wieder einige Plätze aufgegeben werden, um die Kinder "in Sicherheit" zu bringen. Zum Glück wurde der Film trotz spannender Szenen friedlicher. Irgendwie esoterisch aus Richtung "Herr der Ringe" kam der fast perfekt gemachte Film unblutig zum Ende.

WiLiBi "Hänsel und Gretel türkisch"

Diesmal war es eine Nagelprobe. Als Projekt einer engagierten Sozialarbeiterin gestartet, mussten die Mädels erstmals alleine auskommen. Ob Hänsel nach 5 Tagen Döner und dickem Bauch nach der Befreiung immer noch genussvoll in einen Döner beißen kann, wurde im Film mit JA beantwortet. Ein Märchen eben.

Studio Wilsburg "Silbernes Kettchen"

Ein Video zu einem alten T.R.-Lied von 1986. Wilsdruffer Kids mit japanischen Mangas kombiniert. Kurz und o.k..

Office 13 "The fiction"

Unter starkem Computereinsatz gedehter Krimi. Nach dem Start im vorigem Jahr eine deutliche Steigerung zu einem Film, bei dem nicht mehr nur probiert wurde.

Das Project "Alles wurscht"

DER Überraschungsfilm des Festivals. Selbst die Kollegen aus der Bergstadt gaben neidlos iherer Anerkennung Ausdruck. Gewohnt lokalpatriotisch, brillierte der Film mit schönen Wortspielen. Wie üblich waren die Öko`s mal nicht die Bösen, aber eben schuld. Das Publikum lachte viel und klatschte entsprechend.

Martin aus Berlin "Universal Story"

Ein Trickfilm, der tatsächlich in Einzelbildern gedreht wurde. (Oder fotografiert?) Ein Spiel mit Formen und Wirkung in Schwarz-Weiß.

Richard ohne Sorge "Der unerwünschte Besuch"

Komplett in Infrarot gedrehte Tierdoku. Erst verschiedene Varianten, bis die Falle tatsächlich die Maus mit den leuchtenden Augen erschlägt. Danach seltsam morbide Szenen, in denen sich ein winziger Käfer den Riesenkadaver zur Erde holt.

Studio Freiberg "Liebesleid"

Es schien die Sensation des Abends zu werden. Der vom Mond zurückgekehrte Komissar Klaus wird als Rohmasse für eine Dönerbude nach der Hochzeit dem Dasein entzogen. Und dort steuert das Filmteam gegen die Abstimmung auf der Website: Obwohl die Mehrheit für K.K. als nörgelnder Rentner stimmte, schaute er als Lichtgestalt vom Himmel herab. Doch keine Angst - auch in Freiberg scheinen neue Generationen Seriengedanken weiterzutragen. Vielleicht sollte die Brauerei auch mal über Sponsoring nachdenken. Das Freiberger Bier scheint als eherner Fels in der Brandung von Welt- und Unkulturen die filmischen Zeitläufe zu überstehen.

Parkstudio "Ein Film"

Ein Film, der durch den Deja-vue-Effekt alle Filmstudios seufzen ließ.Die Anläufe, einen Film fürs Festival zu drehen, über ein Jahr lang aufgezeichnet.

Die Leipziger "Marie oder Die Kunst, zu Reisen"

Diesmal aus Leipzig schwere philosophische Disskussionen im Fond auf der Fahrt zum Festival. Ein Film, der durchaus schon vorbesprochen, aber erst am Sonnabend nachmittag (!) realisiert wurde. Da nur eine Kamera zur Verfügung stand, wurde das sinnfragende disskutierende Kolloquium mit Insertschnitten von hosenlosen Männern im Tanz um kosmische Energien unterbrochen.

Die Töchter "Unsere Klinik, die Schwelle zum Jenseits"

Eigentlich war es wie immer: Die Erkennungsmelodie lockte genauso wie die Filme der Väter die Zuschauer vom Feuer. Doch dann waren die Mädchen, die als kleine Kinder in den anderen Filmen mitgespielt hatten, als große Schauspielerinnen zu erleben. Und weil der Film mit viel Witz und Frische gedreht wurde, fielen dem Publikum kleinere Holper gar nicht auf. Im Gegenteil, allgemein wurde dieser Film als bester Film des Abends empfunden. Wir sind auf das nächste Jahr gespannt.

Studio Wilsburg "Herrlich. Fraulich."

Zum ersten Mal komplett digital, gab es diesmal weder Ton- noch Bildprobleme. Die Grundidee, das Tauschen der Geschlechterrollen und die entsprechenden Szenen beschertem dem Studio weit mehr als nur Anstandsapplaus.

CVJM "Quid veritas est"

Nach dem Trash vom vorigen Jahr eine Wende hin zur Richtung "Zauberlehrling". Wieder Schwarz-Weiß, wieder Camillo, wieder Mittelalter. Der Titel (übersetzt:"Was ist Wahrheit") erschließt sich allerdings erst beim Lesen des Abspannes.